Kreative Lernwerkstatt: Lerntherapeutin Kathi erzählt von ihrer Arbeit.
Lernen macht doch Spaß, oder?
Hi,
mein Name ist Kathi Lehmann und ich lebe mit meinen Kindern (8 und 5), meinem Mann und unserer dreibeinigen Französischen Bulldogge in Emsdetten.
Als Lerntherapeutin begegne ich täglich Kindern und ihren Eltern, für die das Thema Schule schwer wiegt.
Die Ursachen dafür sind sehr unterschiedlich: Von Lese-Rechtschreib-Störungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Dyskalkulie bis hin zu Lernblockaden oder AD(H)S ist alles dabei.
Aber auch, wenn keine der oben genannten Herausforderungen besteht, kann das Thema Lernen zum Dauerbrenner und eine ziemliche Geduldsprobe für die ganze Familie werden.
Das muss aber nicht so sein!
In all den Jahren, die ich in Schulen, anderen Lehreinrichtungen und meiner eigenen Praxis mit Kindern lerne, ist eines ganz deutlich geworden:
Jedes Kind will lernen, jedes Kind kann lernen, aber manchmal braucht es unsere Unterstützung, um den individuellen Lernweg zu finden.
Und dafür gibt es zwei Grundvoraussetzungen, die sozusagen als Grundsäulen für eine glückliche Schulzeit gelten:
Die Lernfreude und mindestens eine liebevolle und stabile (Lern-)Beziehung.
Lernfreude
Wenn wir uns die Entwicklung von Kindern anschauen, dann fällt auf, dass jedes Kind gerne lernt.
Es gibt für kleine Kinder oder Babys nichts Schöneres als die Welt zu entdecken, neue Abenteuer zu erleben und Erfahrungen zu machen.
Es ist pure Freude am Spielen. Spielen bedeutet Lernen.
Es sind übrigens nicht nur Menschenkinder, die wir beim Spielen und Lernen beobachten können, sondern auch Tierkinder.
Im Spiel üben die Tierbabys mit ihren Geschwistern zum Beispiel die Jagd. Sie raufen und tollen. Sie lernen fürs Leben.
Bei Menschen, wie bei Tierkindern ist zu sehen, dass sie Spaß an ihrem Spiel und am Lernen haben.
Vielleicht erinnerst du dich daran, als deine Kinder klein waren oder du beobachtest dein Kind heute beim Spielen, dann weißt du auch, wie viel positive Energie freigesetzt wird, wenn ein Kind etwas Neues lernt.
So viel Freude und so viel Begeisterung!
Man könnte diese Begeisterung Entdeckerfreude und Weltoffenheit nennen oder eben:
Lernfreude!
Begeisterung ist Dünger für das Gehirn!
Die Freude, also die Begeisterung, ist so wichtig, weil das Lernen auf diese Weise bedeutsam wird! Das ist die beste Voraussetzungen dafür, dass sich im Gehirn die Synapsen so verschalten, dass ein Mensch gerne lernt und motiviert am Ball bleibt.
In so einem Zustand voller Begeisterung findet Lernen einfach statt und zwar ohne Zwang, ohne ständig durchgeführt, strukturiert oder unterbrochen zu werden.
Je öfter ein Kind im freien Spiel oder im Regelspiel die Erfahrung macht, dass Lernen Spaß macht, desto positiver ist seine Grundeinstellung zum Lernen insgesamt.
Leider passiert es gar nicht so selten, dass wir diese natürliche Entdeckerfreude verlieren. Viele Schulkindern bereits oft in der ersten Klasse.
Das liegt u.a. daran, dass ihnen nun vorgeschrieben wird, was, wann und wie lange zu lernen ist. Sobald Kinder nämlich merken, dass sie zum Objekt gesellschaftlicher Erwartungen werden, ist es schnell vorbei mit dem freiwilligen Lernen. Verständlicherweise.
Druck und Zwang führen in der Regel immer zu Distanz oder Ablehnung. Und in nullkommanix wird Schule zum Reizthema!
Am besten schaffen wir also bereits im Grundschulalter eine Lernroutine und einen Methodenkoffer, der die Lernfreude “wiederbelebt”, damit wir auch durch spätere schwierigere Phasen (Stichwort Pubertät) gut durchkommen!
Eigenverantwortliches Lernen
Natürlich wünschen wir uns, dass unsere Kinder gerne lernen, selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten. Sie sollen sich selbst motivieren können, konzentriert und strukturiert vorgehen, Erfolge haben und trotzdem mit Misserfolgen umgehen können. Sie sollen Freude am Lernen haben, sich an ihrem eigenen Fortschritt erfreuen und immer weitermachen!
Das alles sind berechtigte Wünsche und Punkte. Aber damit all das entstehen kann, braucht ein Kind viele, viele Gelegenheiten!
Gelegenheiten, um
- sich selbst besser kennenzulernen mit all seinen Stärken, Schwächen, Interessen, Vorlieben.
- sich auszuprobieren und auch zu scheitern.
- Techniken und Strategien kennenzulernen, die beim Erreichen eines Ziels unterstützen.
- das selbstständige Lernen zu lernen. Kinder wollen das auch, weil sie so ein bisschen ihrer Gestaltungsfreiheit und Autonomie zurückbekommen.
Das geschieht aber alles NICHT von heute auf morgen. Und schon gar nicht allein im stillen Kämmerlein.
Liebevolle (Lern-) Beziehung
Es braucht dafür mindestens eine gute Beziehung oder Verbindung zu einem vertrauten Menschen, damit Lernen überhaupt stattfinden und ein kleiner Mensch selbstständig werden kann. Kinder testen, probieren sich aus, scheitern, beginnen von vorn, lernen ihre Grenzen kennen, feiern Erfolge, erleben Gefühle und lernen sie zu regulieren, vieles davon spielerisch…
Es braucht stabile Beziehungen, die das gemeinsam mit dem Kind aushalten!
Jeder Mensch braucht mindestens eine Person, die an ihn glaubt und auf die er sich verlassen kann. Komme, was wolle!
Nichts auf dieser Welt, erst recht keine Hausaufgaben, Noten oder Erfolge, ist es wert, dass wir die so wertvolle Beziehung zu unseren Kindern dafür aufs Spiel setzen! Nichts!
Es gilt immer der Grundsatz: Beziehung vor Erziehung!
3 Quick-Tipps zum Lernen
- Druck rausnehmen!
Jedes Kind geht seinen Weg, lernt unendlich viele Dinge, entwickelt sich. Jeden Tag! Wir dürfen daher noch heute aufhören, den schulischen Erfolg mit guten Noten gleichzusetzen. Erfolgreich in der Schule zu sein, bedeutet so viel mehr:
- Wenn ein Kind (wieder) gerne zur Schule geht, dann ist das ein Erfolg!
- Wenn ein Kind seine Komfortzone verlässt, dann ist das ein Erfolg!
- Wenn ein Kind sich sozial in die Klassengemeinschaft einbringt, dann ist das ein Erfolg.
- Wenn ein Kind seine Leidenschaft für ein Hobby entdeckt,dann ist das ein Erfolg.
- Wenn ein Kind etwas über sich oder seine Mitmenschen lernt, dann ist das ein Erfolg.
- Wenn ein Kind mutiger wird und an Selbstvertrauen gewinnt, dann ist das ein Erfolg.
- Wenn ein Kind lernt, seine Gefühle auszudrücken, dann ist das ein Erfolg.
- Spielerisch lernen und Spaß haben!
Lernen mit allen Sinnen! Je mehr Sinne beim Lernen angesprochen werden, desto mehr Spaß macht es und die Inhalte werden optimal im Gehirn verankert.
Du kannst als Einstieg und für abwechslungsreiche Wiederholungen immer wunderbar Lernspiele nutzen. Eine Liste erprobter Lernspiele für ganz verschiedene Anliegen findest du hier.
Eine Methode, die wirklich viele Sinne anspricht und auch noch Bewegung ins Lernen bringt, ist die Körperliste.
Für die Körperliste benötigt ihr nur euren Körper und etwas Fantasie. Nun stellt ihr euch entlang eures Körpers 10 virtuelle Briefkästen vor, die ihr nach und nach mit Informationen füttert.
Und jetzt lasst uns doch mal die Nachbarländer Deutschlands flächenmäßig der Größe nach sortieren.
Wichtig ist nun, wenn wir die Länder in unsere Briefkästen sortieren, dass wir uns dazu coole Eselsbrücken/ Merksätze ausdenken und die jeweiligen Stellen am Körper auch berühren.
Starten wir:
Nummer 1 war ja der …naaa… Fuß richtig. Und das flächenmäßig größte Nachbarland ist passenderweise Frankreich. Also F zu F. Frankreich an den Fuß.
2. Briefkasten: Knie. Polen. Was fällt euch dazu ein?
3. Oberschenkel: Österreich. Arnold Schwarzenegger, Terminator ist Österreicher und hat wohl die größten Oberschenkel ever.
4. Popo: Tschechien. Ganz ehrlich? Hier brauchen die meisten keine Eselsbrücke, weil schon so sehr über das Wort Popo gelacht wird, dass sich der Begriff Tschechien gut einprägt.
5. Bauch: Dänemark. Bullerbü und Villa Kunterbunt, der Bauch wird kugelrund.
6. Oberkörper: Niederlande. Wir trommeln auf dem Oberkörper. Wir trommeln fürs Königshaus.
7. Schulter: Schweiz. Schulter und Schweiz. Beides fängt mit Sch an. Und die Schweizer klopfen sich gerne auf die Schulter, weil sie so leckere Schokolade machen.
8. Hals: Belgien. Der Schal mit der Nationalflagge um den Hals hat in Belgien die gleichen Farben wie in Deutschland.
9. Mund: Luxemburg. Eine offizielle Amtssprache ist auch Deutsch in Luxemburg. Wir sprechen mit dem Mund.
Der zehnte Briefkasten Haare bleibt hier unbesetzt, weil Deutschland nur 9 Nachbarländer hat. Du kannst aber als Angeberwissen unter dem zehnten Briefkasten folgende Info abspeichern: Deutschland hat mit 9 Nachbarländern die meisten Nachbarländer Europas. Das sind mehr Länder, als mein Opa Haare hat.
- Durch Routinen das “Hausaufgaben machen” erleichtern.
Eltern können beim Lernen Strukturen vorleben. Immer und immer wieder.
Das läuft in der Schule ganz ähnlich. Die Abläufe im Unterricht sind nicht umsonst jeden Tag sehr ähnlich. 😉
Du kannst zum Beispiel sagen:
„So. Wir starten jetzt mit den Hausaufgaben. Jetzt geht’s los!” oder „Jetzt holen wir das Deutschbuch heraus.“ Manche Kinder brauchen eine kleinschrittige Begleitung, andere Kinder wiederum sind schon recht selbstständig. Wichtig ist, dass ihr euren Rhythmus findet.
Nach und nach baut ihr euch eine Struktur auf.
Das geht nicht von heute auf morgen, braucht Zeit und Vorbilder. Ist aber trotzdem super wichtig, denn je öfter dein Kind mit dir diese Struktur erlebt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es diese Struktur verinnerlicht und eines Tages vollkommen selbstständig anwendet.
Wer nämlich wie ein kopfloses Huhn drauf los legt, der verliert viel Zeit und deshalb ist es gut das Gehirn zu “primen”, also es schon mal auf das was kommen mag vorzubereiten, indem er einfach sagt:
- Ich lerne jetzt Mathe. Das hat folgende Vorteile:
Das Kind weiß, was es jetzt machen will bzw. machen soll.
Je öfter wir unser Gehirn auf diese Weise vorbereiten, desto mehr gewöhnen wir uns an den Ablauf und das Lernen wird langsam aber sicher zu einer Routine. Routinen haben den Vorteil, dass sie wenig Spielraum für Diskussionen lassen und viel Sicherheit vermitteln.
- Welches Material brauche ich?
- Wie lautet die Aufgabenstellung? Habe ich alles verstanden?
- Wie will ich vorgehen?
- Kontrolle.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Und wenn du noch Fragen rund ums Lernen hast oder ich dich in irgendeiner Form unterstützen kann, dann melde dich herzlich gerne bei mir!
Grüße aus Emsdetten!
Deine Kathi
kathi@kreative-lernwerkstatt.net
www.kreative-lernwerkstatt.net
www.instagram.com/kreativelernwerkstatt/
Podcast
Es gibt einen Podcast von und mit Kathi. Und ich war dort zu Gast.